Sechs Akrobaten schälen sich aus dem Nichts, gehalten von einer filigranen Struktur in neun Metern Höhe, an dem sechs Trapeze befestigt sind. Das Gerüst wird von vier Masten getragen, die den Eindruck erwecken, die hängende Kuppel würde von Streichhölzern gestützt. Die chilenische Compañia de Paso entfacht einen einstündigen Reigen radikaler sozialer Konfrontationen im bodenlosen Grenzbereich zwischen Himmel und Erde.
Ein “Eckiger Horizont”, der “Horizonte cuadrado” hat die klassische Zirkuskuppel verdrängt und die allgegenwärtige Option, daß die Akrobaten den Halt verlieren könnten, macht das Publikum fast kurzatmig. Denn ihr Aufenthaltsort ist alles andere bequem. Ein kleines Röhrchen, gehalten von zwei Seilen, eine Art Bindestrich als schwankende Basis für eine Geschichte von Liebe, Verrat, Macht, Ohnmacht, Gewalt, Leidenschaft, Verzweiflung, Zuversicht und Freude, auf dem sich alle Artisten schließlich zusammenfinden, um den “Eckigen Horizont” zu erklimmen.
Poesie und Trapez, beide bewahren ein ästhetisches Rätsel. Regie führte Ueli Hirzel, Nouveau-Cirque-Produzent und selber Clown und Seiltänzer, der seit Langem auf einmalige Art Theater und Zirkus miteinander verbindet.
Das Ergebnis seiner Inszenierung ist subversive Trapezkunst und der Beweis, dass Tanztheater ohne Boden möglich ist.