Der Ausnahmekünstler Johann Le Guillerm hatte mit seinen 30 Jahren schon Mitte der 90-ger Jahre die Entwicklung des Cirque Nouveau entscheidend mitgetragen. Nach erfolgreicher Zusammenarbeit mit Archaos und Cirque O gründete er Cirque ici und wurde kurz darauf mit dem Grand Prix International Du Cirque ausgezeichnet.
In seinem Soloprogramm „où ça“ zeigte er eine Art Zirkus von unten. Mal schmollend, mal linkisch, mal verschmitzt, schlüpft er in die Rolle des stets Übersehenen: Er spielt das allein gelassene Kind, das waghalsig auf einem proportional viel zu hohen und schmalen Stuhl herumturnt, oder er gibt den Ober, der in holländischen Holzpantinen über Flaschenhälse balanciert, um unter größter Anstrengung ein Tablett mit Gläsern quer durch die Manege zu befördern. Die einzelnen spannungsgeladenen Sequenzen seiner künstlerischen Auseinandersetzung mit Objekten und Schwerkraft werden von einer Mischung aus Jazz, südamerikanischen Rhythmen und ironisch gebrochener Zirkusmusik getragen – live gespielt von der Band Monsieur le Baron um den Musiker Saxi, der auch für Archaos komponierte.
Wir präsentierten „où ça ?“ 1998 im Pratergarten in der Kastanienallee mit Unterstützung des Berliner Bureau de Théâtre und luden ihn erneut 1999 ein, im Rahmen der Reihe Temporaire.
„SECRET“, 2004
Erst fünf Jahre später hatten wir wieder Gelegenheit mit dem Zirkusphilosophen Johann Le Guillerm zusammenzuarbeiten. Gemeinsam mit dem IKC ufaFabrik luden wir den Seiltänzer und Equilibristen mit seinem aktuellen Programm SECRET ein, auf dem Gelände der ufaFabrik sein Chapiteau aufzuschlagen.
Der Künstler, eins mit seiner Figur irgendwo zwischen Punk und Nosferatu, begibt sich weiter auf die Suche nach der Schwerkraft. Er spielt mit Objekten, unterwirft sich den veränderten Formen und arbeitet mit waghalsiger Balance. Er führt den Zuschauer durch metaphysische Schluchten, treibt seine Possen mit der Tücke des Objekts, verblüfft durch Präzision und die scheinbare Überwindung der Schwerkraft und schafft (s)eine eigene Welt mit Artistik, Eulenspiegelei und absurdem Theater.